Fünf Personen, drei Generationen, ein Haus. Als Annikas Vater Witwer wird, lädt sie ihn ein bei ihnen in einer Einliegerwohnung zu leben. Ihre Kinder haben zuerst Bedenken. Sie kennen ihren Opa kaum, haben aber gehört, dass er einige merkwürdige Gewohnheiten hat.
Der Vater der drei Kinder ist vor zwei Jahren gestorben. Der älteste Sohn studiert Theologie, die Tochter ist Schulanfängerin. Die Geschichte wird hauptsächlich von Rene, dem mittleren Kind, erzählt, einem ganz normalen 11jährigen, der sich viele Gedanken über Gott und die Welt macht.
Für die kleine Familie ist der Glaube ein selbstverständlicher Teil des Lebens. Umso verstörender ist es, dass der Großvater ihre Gewohnheiten und Überzeugungen hinterfragt. Annika und die zwei Söhne reagieren darauf unterschiedlich. Während die Mutter die Fragen ihres Vaters vor allem als Bedrohung auffasst, ist der größere Sohn sich sicher die besseren Argumente zu haben. Rene ist es nicht gewohnt, dass jemand den Glauben seiner Familie in Frage stellt. Er passt gut auf, wenn sein großer Bruder und Opa streiten, und versucht seinen eigenen Standpunkt zu finden.
Opa bringt Aufruhr mit sich; ob es sein Besuch in der Gemeinde ist, oder sein Interesse an der hübschen Witwe nebenan. Dazu gibt es ein Rätsel, das die Kinder gerne lösen wollen. Warum sammelt Opa Zeitungsausschnitte mit skurrilen Geschichten? Und am Ende steht die Frage, was nach dem Tod kommt.
Die Geschichte ist gut erzählt, die sympathische Familie wechselt sich beim Erzählen der Erlebnisse mit Opa ab. Die Gedanken und Erfahrungen wirken sehr authentisch. Das Hinterfragen von übernommenen Denkmuster ist gut und wichtig. Die Lösungsansätze des Autors überzeugen allerdings nicht.
Im Laufe der Erzählung werden hin und wieder ethische und religiöse Fragen aufgeworfen. Ist für Christen Sex außerhalb der Ehe erlaubt? Wie vertragen sich Glaube und Wissenschaft? Stimmt der biblische Schöpfungsbericht? Kommen Menschen, die sich zu Lebzeiten gegen den Glauben entscheiden, in die Hölle? Die Antworten, die Rene und seine Familie finden, sind allerdings zweifelhaft. So wird die Vorstellung, dass Menschen nach dem Tod noch eine Möglichkeit der Läuterung haben, mit einer Vision des Inders Sundar Singh begründet. Das ist sicher eine angenehmere Vorstellung als ein endgültiges Gericht, aber ohne überzeugende biblische Begründung reicht diese Erklärung nicht aus.
Fazit: Eine gut erzählte, unterhaltsame Geschichte, die aber theologisch nicht überzeugen kann.
Liebe Marianne Müller,
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mein Buch zu lesen.
Eine kleine Ergänzung: Das Buch ist ein Roman und keine theologische Abhandlung. Es gibt eine Fülle von biblischen Hinweisen, dass nach dem Tod durchaus nicht alles abgeschlossen ist. Ein Beispiel: 1.Petrus 4,6: „Denn dazu ist auch den Toten das Evangelium verkündigt worden, damit sie zwar den Menschen gemäß nach dem Fleisch gerichtet werden, aber Gott gemäß nach dem Geist leben…“
Nehmen wir einmal an, Ihr Mann verliert wegen eines Schicksalsschlages seinen Glauben, lehnt Gott ab und wird Atheist, dann hat er einen tödlichen Unfall. Glauben Sie allen Ernstes, dass Ihr Mann danach endlos in der Hölle leidet?
Was für eine Vorstellung haben Sie von Gott?
Dieses Beispiel ist nicht konstruiert. Ich kenne einige solcher Fälle aus der Seelsorge. Unsere dünne evangelikale Theologie versagt bei solchen Fällen und treibt gläubige Menschen in die Verzweiflung. Die Bibel hat einen weiten Horizont und passt nicht unbedingt in das enge Muster unserer herkömmlichen Vorstellungen. Bitte urteilen Sie nicht zu vorschnell über einen Autor.
Mit brüderlichen Grüßen, Ihr Albrecht Gralle.
Hallo ihr LIeben,
das Buch habe ich bisher noch nicht gelesen, doch hat diese Rezension bei mir Interesse geweckt.
Dass es in der christlichen Kreisen und in der christlichen Theologie viele „Kontroversen“ und Meinungsverschiedenheiten gibt ist logisch, denn die meisten Gläubigen möchten ein gottgefälliges Leben führen. Das geht am besten, wenn wir wissen was ein solches Leben beinhaltet und was nicht. Das hat viel mit der persönlichen Identität zu tun und ist ein großes Thema. So tun sich manche Menschen schwer neue Perspektiven und Ansätze anzunehmen, bzw. kritisch darüber und über ihre bisherigen Annahmen nachzudenken, weil diese fremd und u.U. bedrohlich erscheinen. Das kenne auch ich.
Ich würde dem Leser dieses Buchs (und jedem anderen Menschen) empfehlen mit Offenheit das Buch zu lesen und bei sich kritisch zu hinterfragen was unangenehm oder fremd klingt. Wichtig ist dabei, dass „Fragen am Rande“ nicht überproportionale Gewichtung bekommen.
Es gibt auch reichlich Literatur, die bei aktuellen Fragen helfen kann.
Zum Thema Glaube und Wissenschaft kann ich C.S. Lewis „Gott auf der Anklagebank“ (God in the Dock) empfehlen sowie Literatur von Dr. John Lennox empfehlen, z.B. „God’s Undertaker: Has Science buried God“ (Hat die Wissenschaft Gott begraben), „Can Science Explain Everything?“ (Wozu Glaube, wenn es Wissenschaft gibt?, oder „God and Stephen Hawking“ (stephen Hawking, das Universum und Gott) – aber auch die Gegenargumente, wie beispieslweise „The God Delusion“ (Der Gotteswahn) von Richard Dawkins und Hawkings „The Grand Design“ (Der große Entwurf).
Zum Thema Schöpfung empfehle ich „Seven Days that Divide the World“ („Sieben tage, das universum und Gott: Was Wissenschaft und bibel über den Ursprung der Welt sagen“ ebenfalls Lennox), sowie weitere theologische Auseinandersetzungen.
Zur Frage „kommen Menschen, die sich zu Lebzeiten gegen den Glauben entscheiden, in die Hölle?“ u.a. C.S. Lewis „The Great Divorce“, das Buch Kohelet (Prediger) mit besonderem Blick auf dieses Thema, und „Am Ende das Nichts? Über Auferstehung und ewiges Leben“ von Gerhard Lohfink. Auch die „Kinderbücher“ von C.S. Lewis können hilfreich sein (Die Chroniken von Narnia und die Perelandra Trilogie).
Ich weiß, es gibt viele Bücher, manche interessanter als andere. Die oben aufgeführten Bücher sind allerdings welche, die ich zur Basisliteratur zähle, wenn es zu christlichen Perspektiven von Philosophie kommt. Natürlich ist es wichtig dabei in die Bibel zu schauen und zu prüfen, was geschrieben wird. Am wichtigsten ist aber eine demütige Haltung dem „Anderen“ gegenüber, das ist im Fall von Büchern der Verfasser und im Fall des Gesprächs der Gesprächspartner. Nur auf diese Weise können wir heute relevante Antworten auf relevante Fragen finden. Und manchmal müssen wir aus unserer Komfortzone austreten um das Bild etwas schärfer sehen zu können.